AM ANFANG WAR DAS FEUER...
Heiner Pudelkos Band INTERZONE ging aus der deutschen Bluesgruppe CURLY CURVE hervor (die Pudelko und der Bassist Kurt Herkenberg zusammen mit dem Gitarristen Alex Conti 1968 gegründet hatten) und wurde Anfang 1979 in Berlin ins Leben gerufen. Das erste INTERZONE Line-Up bildeten Heiner Pudelko, Kurt Herkenberg, Ex-CURLY CURVE-Schlagzeuger Hans Wallbaum und Leo Lehr (den sich Pudelko -so jedenfalls der Promotiontext- unter arbeitslosen Berliner Gitarristen ausgesucht hatte; in Wirklichkeit war Lehr ebenfalls Mitglied der späten CURLY CURVE gewesen). Ohne eigene Texte zu schreiben begannen Pudelko und INTERZONE mit der Vertonung von Gedichten des Lyrikers Wolf Wondratschek. Als Herkenberg nach wenigen Monaten bei INTERZONE wieder ausstieg, fusionierten die verbliebenen Musiker mit dem Kern der BERLIN/ER BAR BAND von der ‚Trotter' Schmidt als neuer Bassist, Axel Fuhrmann als Keyboarder und Mario Schulz, genannt ‘BiBi’, als zweiter Gitarrist zu INTERZONE kamen. Ziel der jetzt gefestigten neuen Band war es, Rock'n’Roll und Rythm’n’Blues mit deutschen Texten zu spielen und zwar "...nicht mit der beknackten 'Hier stehen wir und wissen nicht warum'-Liedermachereinstellung und auch nicht mit pubertär-schnoddrigem Lindenberg-Slang, sondern wir treten an, um leicht und etwas ironisch, aber ehrlich das Lebensgefühl unserer verlorenen, im Asphalt-Dschungel eingemauerten Generation zu beschreiben", so erklärte Heiner damals die Absichten der Band. Und eines war von Anfang an klar: Er, der das ‘R’ so schön rrrollen konnte, war der Star der Band, war ihr Gesicht und machte ihr Charisma aus, als Bühnenlichtgestalt, die gezielt und teils mit spastisch wirkenden Bewegungen wohlbekannte Rock-Star-Posen karikierte. Die langen Haare, seine bleiche Gestalt und natürlich die unglaubliche Stimme trugen schnell dazu bei, dass INTERZONE ‘der’ Berliner Geheimtipp der Szene wurde, die sich damals mit David Bowies Wegzug abfinden und Berichten über Drogenkinder vom Bahnhof Zoo befassen musste. Die Berliner Stars im Frühjahr 1979 waren INTERZONE nicht; diese Rolle gebührte der NINA HAGEN BAND um Herwig Mitteregger und Reinhold Heil, die von einem Fotographen gemanagt wurde, der sehr schnell auch Interesse an Heiner Pudelko und INTERZONE fand. Sein Name: Günther Rakete, besser bekannt als ‘Jim’.

...DANN KAMEN DIE HINTERMÄNNER...
Im Sommer 1979 debütierten INTERZONE beim Berliner ‚Young Music Summer Festival', fielen durch ihre Wondratschek -Texte auf, erhielten sofort einen Schallplattenoptionsvertrag von der Plattenfirma WEA/Warner Music aus Hamburg und "...wir waren naiv genug zu glauben, ihnen ginge es um unsere Musik", erinnerte sich Pudelko später. Als die Euphorie über den schnellen Plattendeal vergangen war, zeigte es sich jedoch, dass die WEA weniger an INTERZONE interessiert war und es der Company hauptsächlich darum ging, die musikalischen Verlagsrechte an den Wondratschek Texten zu erhalten. Als sich dies immer klarer herausstellte, zog der deutsche Lyriker zog die Zusage für die Veröffentlichung seiner Texte auf Langspielplatte zurück. Offiziell begründete Wondratschek dies damit, dass er gehört habe, dass der Tonträger nicht über alternative Vertriebswege in die Läden kommen sollte, sondern über eine Industriefirma. Pudelko verteidigte ihn bedingungslos: "Wondratschek wollte sich nicht auf einer Teenie-Ebene und in BRAVO wiederfinden." Die Konsequenz war eindeutig und zeigte den Musikern noch einmal eindringlich, um was es den Plattenbossen in Wirklichkeit gegangen war: keine Wondratschek-Texte = keine Platte. So kam es im Spätsommer 1979 zum Bruch zwischen INTERZONE und der WEA. Pudelko meinte dazu später auf seine trockene aber ehrliche Art: ”Rock’n’Roll ist ein besonderer Saft. Wie immer beim Duft von blutigem Fleisch erschien ein Schwarm von Schmeißfliegen, um seine unreine Brut daran zu mästen.”

...UND DESHALB GAB ES KINDERLIEDER GEGEN MAUERN AUS BETON
INTERZONE brauchte ein dreiviertel Jahr um sich, durch die WEA-Option noch immer gebunden, aus dem Vertrag zu lösen. In dieser Zeit putzte die Band Klinken und versuchte, mit selbstgestickten Promotionmappen für sich zu werben, (Zitat) “Die Gruppenmitglieder hassen sich mit intensiver Zärtlichkeit”. Weiter hieß es da: “1979 geschah das Wunder: In Berlin, dieser Pfütze im Niemandsland, bildete sich eine Wave. Das musste das Glück sein. Und viele glitten auf ihrer schäumenden Krone dahin und nichts konnte sie halten. - Wo sind sie geblieben? Freie Produzenten und große Schallplattenfirmen betraten die Szene und es ertönte der Ruf leichtverdienten Geldes, das Locken der Weiber und enger Knabenärsche. Wie hätten Sie auf ein solches Angebot reagiert? Wie soll man sein Kind schlagen? Mit kühlem Mut oder im Zorn?”. Der Werbeerfolg solcher Promo-Texte war vorhersehbar und so nahm die Band im Mai 1980 ohne Unterstützung einer Plattenfirma in ihrem Übungskeller am Kreuzberger Paul-Linke-Ufer auf eigene Kosten und in eigener Regie eine erste Single auf: "Kinderlieder aus Beton" (A-Seite: “Kinderlied” / B-Seite: “Die Lebendigen + Die Toten”).

Das Foto des INTERZONE-Posters, in welches die Single eingewickelt wurde, stammte von Jim Rakete, der sich nun der Band professionell annahm. Als erstes wurden die Werbetexte geändert, wurden anders, aufregender und interessanter: “Die Platte ist genauso wie Heroinpäckchen eingepackt worden. Aus Kostengründen ist darauf verzichtet worden, die Zahlen 1 & 2 auf dem Label mit Kokain auszulegen. Aber der Genuß ist auch so ganz schön ähnlich geworden.” Trotz erheblicher Vertriebsschwierigkeiten wurde die Platte im Juni 1980 in die Berliner Plattenläden gebracht und Jim Rakete startete, zusammen mit den Musikern, eine kongeniale Werbeaktion: Am Potsdamer Platz, dort wo heute das SONY-Center steht, strichen INTERZONE in der Nacht zum 17. Juni 1980 vierzig Meter der Berliner Mauer pechschwarz an (Pudelko: “Jetzt sind wir Stricher!”), sprühten das Bandlogo darauf, wurden von der britischen Militärpolizei abgeführt und verhört. Nach dieser Aktion war die Band plötzlich in aller Munde,
sogar das Magazin ‘Stern’ berichtete über die Aktion und Rakete lichtete die Band für das Hamburger Magazin zusammen mit der gleichen Ballerina ab, die auch das “Kinderlieder...” -Cover schmückte. Die Folge war ein reges Interesse an der Band und so verwundert es kaum, dass die Auflage der "Kinderlieder..." trotz des Eigenvertriebs schnell vergriffen war. Auch die BRAVO berichtete über INTERZONE und verriet ihren Lesern gar, dass Pudelko und seine Freunde sich ein Schaf namens ‘Eleonore’ als Glücksbringer zugelegt hätten. Eine Muse hatten INTERZONE gleichwohl: Gabi Horvath, die Ballerina.

Doch die ganze Vorwärtsentwicklung der Band blieb nicht ohne personelle Konsequenzen: Ohne Keyboarder Axel Fuhrmann trat INTERZONE als Quintett am 31. August 1980 auf dem Mariannenplatz vor dem Künstlerhaus ‚Bethanien' auf. Wieder mit großem Publikumserfolg und erneut rochen die Plattenbosse den ‘Duft von blutigem Fleisch’ - die WEA nahm nochmals Kontakt mit INTERZONE auf.

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