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In die Produktion und Promotion des zweiten Pudelko Solo-Albums ”Gloria” investierte die WEA erstmals in Heiners Karriere viel Geld. Produzent Curt Cress durfte
bei Pudelkos Albummusikern aus dem Vollen schöpfen; das Line-Up liest sich deshalb fast wie ein Who-Is-Who der Studiomusikergarde. Neben dem inzwischen zum Pudelkos Haus-Keyboarder aufgestiegenen Ingo
Bischof und Produzent Curt Cress (Schlagzeug & Percussion) waren dabei: Ex-KÄNGURU Gitarrist Peter Weihe, Ken Taylor am Bass; Pianist Hermann Weindorf oblag auch die Chorleitung, Steve Baker wurde für die
schwierigen Mundharmonikaparts engabiert und Bimey Obereit, Herbert Gebhard und Peter Bischof bildeten den Chorgesang). Die Vorbereitungen zu ”Gloria” begannen im Winter 1990/1991 in Pudelkos Berliner INTERZONE MUSIK-
Heimstudio, die Vor-Produktion folgte bis Mai 1991auf dem Hundebichl-Hof in Brixen. Ab Juni 1991 nahmen Cress und Pudelko dann zusammen mit Bernie Staub in den Münchner PILOT
-Studios das Album auf. Die finale Mischung erfolgte (ebenfalls mit Bernie Staub am Mischpult) im Januar 1992 nochmals in den PILOT-Studios. Das Cover von ”Gloria” gestaltete Brigitte
Goldenbaum und für die Fotos war Martin Becker zuständig. Das alles zeigt, wie sehr sich Heiner Pudelko in dieser Zeit aus ‘seiner’ Berliner Szene löste. Ob er da schon die Schwere
der sich in seinem Körper befindlichen Krankheit erahnte, spürte, dass er nur noch drei Jahre zu leben hatte, diese Frage bleibt Heiners Geheimnis.
Diesmal wollte die WEA nichts dem Zufall überlassen: ”Gloria” wurde
mit einem (verglichen mit den früheren Pudelko-Produktionen) enormen Werbeaufwand in die Plattenläden gebracht. Jim Rakete schoss eine Unmenge an Promotionfotos in einem Potsdamer
Gaswerk. Es wurde sogar eine Telefonkarte mit dem Album-Cover produziert und Heiner bekam endlich seinen großen Fernsehauftritt in Jürgen von der Lippe Abend-TV-Show ”Geld oder Liebe”. Heiner
stellte seine Single-Auskopplung ”So was Schönes” vor und die WEA heuerte für diesen medienwirksamen Auftritt als Playbackgitarristen Eff-Jott Krüger an, der früher bei IDEAL spielte
. Weitere Titel wurden aus dem Album ausgekoppelt, so zum Beispiel das Remake des (zuvor auf einem Sampler der SFB-TV-Sendung “Moskito” enthaltenen) Titels ”Kleine Schwester Ost”. 1992 brachte für Heiner
Pudelko endlich in Ansätzden die Anerkennung, die er sich immer gewünscht hatte. Aber er wußte zu diesem Zeitpunkt schon, dass ihm nicht mehr viel Zeit beiben würde, die Früchte des
Erfolges zu genießen. Im Gegenteil: Bei Heiner Pudelko wurde ein Gehirntumor diagnostiziert, was natürlich dazu führt, dass er nun wichtige Termine und Verpflichtungen absagen musste.
Spätestens Ende 1993 begann mehr und mehr Menschen in seinem Umfeld zu spüren, dass es mit ihm gesundheitlich bergab ging. Welche Krankheit hatte er, rätselte man und Heiner wiegelte ab: Es sei nur etwas vorübergehendes. Eine neue Platte? Kein Thema für Heiner. Ein
paar Deos für die neue Scheie habe er schon m Kasten. Ob man mal etwas hören könne? Na klar, sagte Heiner und spielte stolz “Nil” und “Ich bin im Zwinger” vor und anschließend “Das waren die goldenen Jahre”.
Heiner hat was, wurde nun getuschelt - nur was war es? Krebs, verrieten enge Freunde; die nicht so engen erinnerten an Freddie Mercury und sprachen von Aids. Allen, die sich diesen
Spekulationen hingaben war eines klar: Heiners Körper hatte in den Jahren zuvor seinem exzessivem Leben Tribut gezollt und solchen Erkrankungen nicht mehr die volle Kraft
entgegenzusetzen. Heiner selbst glaubte lange Zeit fest daran, die tödliche Krankheit überwinden zu können. Trotzig hatte er das in “Wenn ich will” gezeigt. In Berlin nahm er 1993 neue sieben Demo-Songs
für eine weitere Platte auf, darunter ”Nil”, ”Goldene Zeiten” und ”Im Zwinger”. Doch sein Gesundheitszustand verschlechtere sich 1993 stetig. Während des Jahres 1994 konnte Pudelko dann kaum noch an seinen neuen
Musikprojekten arbeiten. Verzweifelt war er, sagen Freunde - der Lebensmut wurde schwächer, seine Energie schien
aufgebraucht. In dieser Zeit hoffte er noch, es zu schaffen und zog er sich trotzdem fast völlig aus der Öffentlichkeit
zurück. Er ist zahm geworden dachten einige und merkten nicht, dass es mit ihm und seiner Kunst langsam zu Ende ging. Ende 1994 wusste das auch Heiner Pudelko, aber akzeptieren wollte er es immer noch nicht. Der Jahreswechsel
1994/95 brachte eine leichte Besserung seines gesamten körperlichen Zustandes, vielleicht bedingt durch die Ablenkung von Weihnachten und Silvester, vielleicht auch die innere Befreiung, nachdem der Körper den Kampf
aufgegeben hatte. In der zweiten Januarwoche verschlechterte sich Pudelkos Zustand dann dramatisch. Am 11. Januar 1995, einem Mittwoch, starb Heiner Pudelko im Alter von 46 Jahren; die Krankheit hatte seinen Körper, der Tumor seine Seele besiegt.
Eine gute Woche später wurde er in Berlin von Angela (die heute noch in Berlin lebt und dort als Kuratorin arbeitet) und einigen engen Freunden zu Grabe getragen; aus einer
Musicbox soll dazu ”The harder they come” erklungen sein, so wie er es in ”Ruth” angesagt hatte. Es ist ein kleines, beinahe unscheinbares Grab, über dessen Standort hier etwas zu
berichten, nicht notwendig ist, weil es Heiner Pudelko so verfügt hat. Enge Freunde kümmern sich um die Grabstätte und zu gegebener Zeit soll bekannt gegeben werden, wo das Grab sich befindet. Einstweilen
sei hier als kleiner Hinweis die Liste der Berliner Friedhöfe im Bezirk “Mitte” zu erwähnen.
Hans Wallbaum, der Aufstieg und Zerfall von INTERZONE und die Abfolge der
Todesfälle unter seinen Freunden wie kein anderer erlebte und lange in der HAMBURG BLUES BAND spielte, reagierte geschockt auf die Todesnachricht: "Nach
dem Tod von Kurt und Leo ist Heiner ein weiterer persönlicher Verlust für mich. Wir durchlebten gemeinsam desperate, frustrierende und spannende Zeiten.
INTERZONE war für mich mehr als eine Band, eher so was wie eine schräge Familie von Exzentrikern und Heiner war der Initiator und Motor der selbigen. Seine
Soloarbeit ist gänzlich frei von Berührungsängsten gegenüber anderen musikalischen Ausdrucksformen".
Tonmeister und INTERZONE-Produzent Udo Arndt (der heute in Spanien lebt) brachte den Verlust, den die deutsche
Musikszene mit Pudelkos Tod erlitt auf den Punkt: "Das Einzigartige an Heiners Text und Gesang war, dass er es verstand, einen deutschen Rhythm and Blues zu machen, der ohne die Anleihen bei Jagger oder Rod Stewart auskam.
Seine Gesangsschlenker waren immer von ihm selbst und der große Tonumfang seiner Stimmer erlaubte ihm, von weich
und tief bis zum Metall kreischen alles in seiner Musik einzusetzen. Für mich ist der ‘Blues’ auf der ersten INTERZONE
-Scheibe ein hervorragendes Beispiel für Heiners Können, einen deutschen Blues zu singen, ohne Peinlichkeit und Pathos.” Arndt weiter: “Aus unserer Zusammenarbeit an den Platten wurde so was wie Freundschaft, wobei
Freundschaft mit Heiner was anderes war als sonst im Plattenbusiness. Mit ihm konnte man stundenlang herrlich streiten
, ohne dass unser Verhältnis dadurch getrübt wurde. Gleichzeitig war er aber auch für jeden erdenklichen Blödsinn zu haben. Die Ansprüche aber, die er an sich und die Arbeit von anderen stellte, machten es ihm in der oberflächlichen
Musikbranche nicht gerade leicht. Er ist eigentlich ein gutes Beispiel dafür, dass wirklich kreative Künstler ‚schwierig' in Anführungszeichen sein müssen." |
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